Der vollkommene Zusammenbruch im Jahre 1945 schien jede Schaffenskraft auf allen Gebieten des Lebens ausgelöscht zu haben. Die durch die Besatzungsmächte auferlegten Beschränkungen, insbesondere über die Entfaltung von neuen Personenvereinigungen, konnten den Wiederaufbau natürlich nicht fördern, ganz abgesehen davon, dass jede sportliche Betätigung zunächst ganz verboten war. Die Amerikaner befürchteten, dass hinter der Legalität eines Turn- und Sportvereins vielleicht militärische Ausbildung betrieben werden könnte. Aber schließlich wurde doch noch im Oktober 1945 die Genehmigung erteilt, innerhalb der Polizeireviere in den einzelnen Stadtteilen sogenannte Sportgemeinschaften ins Leben zu rufen, mit der Absicht, hieraus wieder regelrechte Vereine entstehen zu lassen. Auf der Grundlage der bisherigen Gepflogenheiten konnten jedoch Turn- und Sportvereine nicht wiedergegründet werden. Aus einer eben solchen Sportgemeinschaft, nämlich der Sportgemeinschaft Buntentor, ist dann unser Verein wieder erstanden, nachdem es seitens der Besatzungsmächte lediglich Vereinen des ehemaligen Arbeiter-Turn- und Sportbundes erlaubt wurde, ihre Vereine in der alten Form und Gestaltung wieder aufzubauen und neu zu gründen.
Unter der Leitung von Emil Meyer, Hermann Albers und Reinhard Drewes begann der Wiederaufbau. Turnstunden für Kinder, Männer und Frauen wurden wieder eingerichtet. Fußball, Handball und Leichtathletik sollten folgen. Aber überall fehlten die hierzu erforderlichen Funktionäre. Viele waren im Kriege gefallen, einige waren mit ihren Wohnungen ausgebombt und dadurch in andere Stadtviertel verschlagen, andere zu diesem Zeitpunkt aus der Kriegsgefangenschaft noch nicht zurück. Dazu kam eine eminent schlechte Ernährungslage. Eine Betätigung auf sportlichem Gebiet schien mehr eine Gefahr, denn eine Hebung der allgemeinen stark angegriffenen Gesundheit der Bevölkerung zu sein. Vor allen die Kinder und Jugendlichen durften nicht zu viel herangezogen werden, da sie das Maß des Erträglichen von sich aus nicht zu Beurteilen vermochten.
Für den Aufbau glaubte man fünf Jahre zu benötigen. Aber wer konnte die Entwicklung der ernährungspolitischen Lage damals absehen. Wer hat daran denken können, dass die Hungerjahre 1946/47 jeden Verein zwangen, auf der Stelle zu treten. Eine Intensivierung des gesamten Turn- und Spielbetriebes musste zunächst zurückgestellt werden. Trotzdem war die Zahl der am Übungsbetrieb Beteiligten, vor allen Dingen bei den Kindern, enorm. Das hatte aber auch einen ganz plausiblen Grund, denn wir waren ja zu dieser Zeit der einzige Verein in der gesamten Neustadt, der einen Turnbetrieb abhalten konnte, waren doch die beiden Turnhallen in der Schule an der Kornstraße, die uns zu diesem Zweck zur Verfügung standen, erhalten geblieben, während alle anderen Turnhallen durch die Kriegsereignisse mehr oder weniger beschädigt waren und demzufolge nicht benutzt werden konnten. Zwangsläufig kamen die Kinder daher aus allen Richtungen in Scharen, von Rablinghausen bis Kattenturm und zum Teil sogar aus Schwachhausen.
Um hier die schwierige Frage der Übungsleiter ein für allemal zu klären, wurde Hannes Siemer als Turnlehrer für alle Abteilungen mit der Leitung betraut. Aber schon bald war die Belastung zu groß, so dass für die Knaben Leopold Horling einsprang. Fußball und Handball fassten langsam wieder Fuß. Hier ergaben sich noch besondere Schwierigkeiten. Infolge der noch bestehenden Bewirtschaftung von Lederwaren und Textilien, war die Beschaffung der für diese Sportarten notwendigen Ausrüstung für jeden einzelnen ein Problem. Vereinsseitig konnte hierzu nur sehr wenig, um nicht zu sagen, fast gar nicht geholfen werden. Beim Turnen trat dieser Umstand weniger in Erscheinung. Sehr viele Kinder turnten einfach in ihrer Straßenkleidung.
Während sich nun die Fußballabteilung, nachdem sie eine erforderliche Lizenz erhalten hatte, unter der Leitung von Hannes Lindström verhältnismäßig schnell entwickelte, konnte die Handballabteilung zunächst keinen Tritt fassen. Hier fehlten vor allen Dingen ein mit der Materie vertrauter Funktionär und die Unterstützung der alten und erfahrenen früheren Spieler, die leider nicht in dem erwarteten Umfang eintrat. Wesentlich besser wurde es hier erst, als Fritz Bullenkamp den Aufbau der Handballabteilung in die Hand nahm. Er nahm sofort die Aufstellung von Schüler- und Jugendmannschaften vor und begann so einen neuen Aufbau von unten.
Nachdem der in den Jahren 1921/22 hergerichtete Turn- und Sportplatz in der Nähe des Wasserwerks auf Anordnung der politischen Machthaber der damaligen Zeit zu Kleingärten umgewandelt worden war, bedurften die Hand- und Fußballer nunmehr eines neuen Sport- und Spielplatzes. Im Zusammenhang mit der Wiedergründung des Vereins als ehemaligem Arbeiter-Turn- und Sportverein, erhielt der Verein, mehr in Verfolgung einer Wiedergutmachung, als einer bestehenden Notwendigkeit, den Städtischen Sportplatz hinter dem Kuhhirten zur Nutzung zugewiesen. Insoweit konnten die Abteilungen Handball und Fußball nunmehr mit ihrem gesamten Trainings- und Spielbetrieb auf diesen Platz ausweichen. Allerdings musste auf die Benutzung des zugehörenden Umkleidehaus vorerst verzichtet werden, da dasselbe von einer ausgebombten Familie als Notunterkunft benutzt wurde.
Inzwischen machte sich aber das Fehlen geeigneter Umkleideräumlichkeiten sehr stark bemerkbar. Der Gedanke, in Eigenhilfe solche Räume zu erstellen, verdichtete sich immer mehr zu dem Wunsch, lieber gleich ein regelrechtes Vereinsheim zu bauen. Die Jugend um Hans Diethelm herum, setzte sich sehr für die Verwirklichung eines solchen Planes ein. Nach der eingeholten Baugenehmigung begann die Organisierung der Materialien, Steine mussten aus den Trümmerstätten der Stadt geborgen und geputzt werden, Zement war zu besorgen und vieles andere mehr. Aber im April 1948 erfolgte dann doch der erste Spatenstich durch Emil Meyer. Der große Elan zum Bauen in Eigeninitiative hat sich leider nicht lange erhalten, so dass die gesamte Bauzeit sehr lange gedauert hat. Zu viele Mitglieder hatten eben noch ihre eigenen Sorgen und Schwierigkeiten mit Wohn- und Familienverhältnissen, die alle noch im Zusammenhang mit Kriegsereignissen standen. Aber es wurde geschafft, wenn auch nur etappenweise. Heute können wir dennoch stolz darauf sein, ein solches Vereinsheim errichtet zu haben. Als uns dann nach Abschluss der Wiedergutmachungsverhandlungen mit der Finanzbehörde, über die uns durch die Auflösung des Vereins im Jahre 1934 entstandenen Schäden, eine nicht unerhebliche Summe von 22.200,- DM ausgezahlt wurde, konnte das Vereinsheim zu seiner heutigen Größe erweitert werden. Auch das ist mit eigenen Kräften erfolgt.
Unterdessen hat sich durch die Initiative von Oskar Meyer auch eine Box-Abteilung gebildet, die sich schnell entwickelte. Desgleichen scharten sich ehemalige Mitglieder des alten Arbeiter-Kraftsportvereins ABKV um Hermann Schellhaß und Adolf Reiner und schlossen sich als Schwerathletikabteilung unserem Verein an. Als dann schließlich noch die Besatzungsmächte ihre Bedenken gegen die Errichtung von Trommler- und Pfeifer-Korps aufgaben, waren unsere Spielleute unter altbewährter Leitung von Karl Nagel sofort auf dem Plan und bauten den Spielmannszug wieder auf. Überraschend schnell stieg hier die Leistung in altgewohnte Höhe, was darauf zurückzuführen ist, dass hier noch der alte turnerische Geist lebendig war, der immer schon alle Schwierigkeiten am besten zu meistern vermochte. Mit der Wiedergründung dieser Abteilung konnte der Aufbau des Vereins als abgeschlossen betrachtet werden. Als dann im Jahre 1952 das 50jährige Bestehen des Vereins gefeiert werden konnte, bestand allseits die Auffassung, dass der ATS Buntentor (nunmehr Allgemeiner Turn- und Sportverein) in der neuen Sportbewegung festen Fuß gefasst hatte.